Wie weit reicht die Aufsichtspflicht von Lehrern?

 

RATGEBER
Freitag, 27. Mai 2011 02:55

Meine Tochter besucht die vierte Klasse einer Grundschule. Sie berichtet immer wieder über Schlägereien auf dem Schulhof, bei denen die Lehrer nicht eingreifen. Muss die Schule denn nicht für die Sicherheit unserer Kinder sorgen? Sind die Lehrer nicht zur Aufsicht verpflichtet? Linda W. aus Tempelhof

 

 

Selbstverständlich haben alle Kinder das gleiche Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Dies gilt insbesondere in der Schule, in deren fürsorgliche Obhut sie über die Schulpflicht überantwortet werden. Die Aufsichtspflicht der Schule erstreckt sich grundsätzlich auf alle minderjährigen und, in einem abgestuften Verhältnis, auch auf volljährige Schüler. Die einschlägige "Ausführungsvorschrift Schulpflicht" führt dazu aus, dass die Aufsichtsführung Teil des Bildungs- und Erziehungsauftrags einer Schule ist und zu den Dienstpflichten der Lehrer gehört. Aber auch alle anderen Mitarbeiter der Schule können zur Aufsicht verpflichtet sein, in besonderen Fällen sogar die Eltern.
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen darf niemand wegsehen, alle Schulmitarbeiter sind verpflichtet, in einer entsprechenden Situation einzugreifen. Die Aufsichtsperson muss "umsichtig und vorausschauend" auf die Abwehr von Gefahren hinwirken. Aufsichtsfreie Bereiche darf es in den Schulgebäuden und auf dem Schulhof nicht geben. Zwar kann die Aufsicht nicht lückenlos sein, sie ist jedoch "kontinuierlich, aktiv und präventiv" zu führen, sodass sich die Schüler jederzeit beaufsichtigt fühlen.
Die Schulleitung entscheidet über den Einsatz der Schulaufsicht und hat insbesondere dafür zu sorgen, dass Bereiche und Zeiten besonderer Gefahrenpotenziale entsprechend intensiv beaufsichtigt werden. Bei mindestens fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht, also wenn die erforderliche Sorgfalt bei der Aufsichtsführung außer Acht gelassen wurde, haftet im Schadensfall das Land Berlin. Bei grober Fahrlässigkeit kann das Land allerdings gegebenenfalls den Lehrer in Regress nehmen. Anhaltende Probleme bei der Aufsichtspflicht sollten in jedem Fall mit der Schulleitung und in den schulischen Gremien thematisiert werden. Dabei sollten auch Sozialarbeiter, soweit sie an der Schule tätig sind, in die Gespräche mit einbezogen werden.

André Nogossek ist Mitglied im Landeselternausschuss Berlin

http://www.morgenpost.de/familie/expertenfrage/article1653569/Wie-weit-reicht-die-Aufsichtspflicht-von-Lehrern.html