Dürfen Lehrer einen Schülersprecher absetzen?

 

RATGEBER
Freitag, 30. September 2011 03:30


An der Sekundarschule meines Sohnes soll der Schülersprecher seines Amtes enthoben werden, weil er sich nicht so verhält, wie die Lehrer es gerne sähen. Welche Regelungen gelten hier, dürfen Lehrer gewählte Schülervertreter einfach absetzen?


Bei Konflikten und Störungen in der Unterrichtsarbeit soll die Schule vornehmlich erzieherische Mittel einsetzen. Auch wenn die im Schulgesetz aufgeführten Erziehungsmaßnahmen nicht als vollständig zu betrachten sind, gehört die Absetzung von demokratisch gewählten Schülersprechern gewiss nicht dazu. Das Schulgesetz ist an dieser Stelle eindeutig: Die Schülervertreter werden von den Schülern gewählt "und können nur durch sie abgewählt werden" (Paragraf 83 III SchulG). Sie dürfen ihrer Funktion wegen weder bevorzugt noch benachteiligt werden und sind in ihrer Arbeit nicht weisungsgebunden. Der Schülersprecher hat im Idealfall auch eine Vorbildfunktion, er ist aber nicht verlängerter Arm von Schulleitung oder Lehrer und hat beispielsweise nicht für "Ruhe und Ordnung" in der Klasse zu sorgen.

Ähnlich den Eltern haben auch Schüler (altersentsprechende) Informations-, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte. Zu ihren verbrieften Rechten gehört die Wahl von zwei gleichberechtigten Klassensprechern ab der dritten Klasse sowie ab der siebten Klasse zusätzlich von zwei Vertretern für die Klassenkonferenz.
Ab der Sekundarstufe I bilden die Klassenschülersprecher dann die Gesamtschülervertretung, die ihre Vertreter für die Schulkonferenz, die Gesamt- und Fachkonferenzen, die Gesamtelternvertretung sowie der bezirklichen Gremien wählt. Der Schulsprecher und seine Stellvertreter werden jedoch immer von allen Schülern einer Schule gewählt. Die Schülervertreter nehmen die Interessen der Schüler in der Schule und gegenüber den Schulbehörden wahr und üben die Mitwirkungsrechte der Schüler eigenverantwortlich aus. Es ist schwer vorstellbar, dass Lehrer in ein vordemokratisches Verhaltensmuster zurückfallen und gegen vermeintlich unbotmäßige Schülersprecher zu Felde ziehen.

André Nogossek ist Mitglied im Landeselternausschuss Berlin

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