Rhythmisierung: Dürfen Arbeitenin der achten Stunde geschrieben werden?

Ratgeber
Freitag, 24. Februar 2012 02:36
 
Meine Tochter besucht zurzeit die fünfte Klasse einer Grundschule. Zum wiederholten Male ist es jetzt vorgekommen, dass Klassenarbeiten für die siebte und achte Stunde angesetzt waren. Aber nach sechs Schulstunden hat die Konzentration der Kinder doch schon sehr nachgelassen, daher halte ich nichts davon, Arbeiten so spät zu schreiben. Ist das überhaupt zulässig? Und wenn ja, haben Eltern ein Mitspracherecht, damit die Arbeiten früher geschrieben werden? Sybille M. aus Charlottenburg

 

Nach den Forschungen der Chronobiologie hat jeder Mensch einen eigenen Biorhythmus mit Leistungshochs und Zeiten, in denen der Körper und der Geist Ruhepausen benötigen, wobei ein Verhältnis von ungefähr drei zu eins als vorteilhaft angesehen wird. Generell gilt demnach, dass es vormittags (wenngleich auch nicht bereits um acht Uhr!) einen breiten Leistungsgipfel gibt, der zur Mittagszeit hin abfällt, um dann am Nachmittag wieder anzusteigen. Insoweit scheint es in der Tat recht unglücklich zu sein, gerade zur Mittagszeit Klassenarbeiten anzuberaumen, auch wenn das rechtlich möglich ist.
Klassenarbeiten gehören zu den in der Grundschulverordnung (§ 20 I GsVO) geregelten Lernerfolgskontrollen, wozu neben den schriftlichen auch die mündlichen und sonstigen Leistungen (zum Beispiel Hausaufgaben, Führung der Hefter) gehören.
Seit 2005 sind alle Berliner Grundschulen Ganztagsschulen, in offener oder gebundener Form. Ganz entscheidend ist hier, ob und wie der Schulalltag rhythmisiert wird, das heißt, ob und wie die Unterrichtszeit über den ganzen Tag verteilt wird. Vielen Schulen fehlen aber ein pädagogisches und didaktisches Konzept sowie die Erfahrung mit Rhythmisierung. Gleichwohl kann das Problem der zeitlich späten Klassenarbeit auch unabhängig davon mit dem betreffenden Lehrer besprochen werden. Ist dies ein generelles Problem an der Schule, sollte es in der Gesamtelternvertretung thematisiert und Lösungen zusammen mit dem Kollegium und der Schulleitung gesucht werden. Die Schulkonferenz entscheidet mit Zweidrittelmehrheit über das "Schulprogramm und die sich daraus ergebenden Grundsätze für die Organisation von Schule und Unterricht" (§76 I Schulgesetz), wozu sicherlich auch die Frage der Rhythmisierung des Unterrichts oder die Stundentaktung gehören.

André Nogossek ist Mitglied im Landeselternausschuss Berlin


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