Kann ich mich gegen den Ausschluss vom Schulbesuch wehren?

 

RATGEBER
Freitag, 2. Juli 2010 01:27
Mein Sohn (9) hat ADHS und ist in der Schule ein Integrationskind. Aber die Schule versucht massiv, ihn loszuwerden. Es gibt immer wieder Beschwerden oder sogar Anzeigen anderer Eltern gegen ihn, obwohl er oft keine Schuld an den Vorfällen trägt.

Die Schule kann sich nicht so einfach aus ihrer Verantwortung begeben und ein Kind, welches "unangenehm" ist, von der Schule entfernen. Der Schulpflicht steht das Recht eines jeden Kindes auf schulische Bildung und Erziehung gegenüber, aus dem sich individuelle Rechte ableiten lassen. Beeinträchtigte Kinder haben zudem Anspruch auf besondere Förderung, die vorrangig an allgemeinen Schulen im gemeinsamen Unterricht erfolgen soll. Hier ist zu fragen, wie die Nachteilsausgleiche aussehen und ob der Förderplan eingehalten wird. Bei Störungen in der Unterrichts- und Erziehungsarbeit oder der Gefährdung Anderer gibt es ein verbindlich geregeltes, abgestuftes Verfahren, dessen Einhaltung im Wege des Widerspruchs überprüft werden kann. Vorrangig sollen erzieherische Mittel (zum Beispiel: Gespräche, Absprachen, mündliche Tadel) eingesetzt werden, wobei alle beteiligten Personen sowie die Eltern zwingend einzubeziehen sind. Wurden zuvor Erziehungsmaßnahmen getroffen, gab es die vorgeschriebenen Gespräche mit allen Beteiligten, inklusive Eltern, behandelnden Ärzten und Therapeuten? Erst wenn die Erziehungsmaßnahmen zu keiner Lösung führen und auch keine Aussicht auf Erfolg versprechen, können Ordnungsmaßnahmen, wie der Ausschluss vom Unterricht bis zu zehn Schultagen, unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit getroffen werden. Über diese Ordnungsmaßnahmen entscheidet die Klassenkonferenz unter Vorsitz des Schulleiters. Vor der Entscheidung über eine Ordnungsmaßnahme sind das Kind sowie dessen Eltern zu hören. Nur in dringenden Fällen ("Gefahr im Vollzug") kann der Schulleiter dieses Verfahren umgehen und vorläufig eine Regelung treffen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben dann keine aufschiebende Wirkung. Für die notwendige Betreuungszeit können Alleinerziehende bis zu 20 "Kinderkrankentage" beanspruchen, gegebenenfalls kann der familienentlastende Dienst einspringen. Im Streitfall hilfreich könnte die Kontaktaufnahme mit Betroffenengruppen und Netzwerken sein, die für den Bedarfsfall oftmals über spezialisierte Rechtsanwälte verfügen.
 

André Nogossek ist Mitglied im Landeselternausschuss Berlin

 

http://www.morgenpost.de/printarchiv/familie/article1336237/Kann-ich-mich-gegen-den-Ausschluss-vom-Schulbesuch-wehren.html